Winterreifen oder Ganzjahresreifen? Was ist besser?

Sind Ganzjahresreifen auch im Winter sinnvoll Foto duallogic via Envato
Sind Ganzjahresreifen auch im Winter sinnvoll Foto duallogic via Envato

Es ist eine Diskussion, die jedes Jahr aufs Neue mit Beginn der Herbstmonate in Deutschland aufflammt: Sollten Sie im Winter lieber mit Winterreifen unterwegs sein oder reichen auch Ganzjahresreifen aus?

Für diese Frage gibt es zwei Betrachtungsweisen. Da wäre einmal die rein rechtliche Frage nach der Gesetzeslage. Hierbei gilt es zwei Dinge zu klären.

  • Sind Ganzjahresreifen mit Winterreifen vom Gesetzgeber gleichgestellt?
  • Gibt es eine Pflicht zu einer bestimmten Bereifung für die Wintermonate in Deutschland?

Die zweite Betrachtungsweise ist die aus rein sicherheitstechnischen Aspekten. Hier stellt sich die Frage, ob ein Ganzjahresreifen Ihnen wirklich die gleiche Sicherheit im Winter auf glatten Straßen bieten kann wie ein ganz klassischer Winterreifen. Wir von Autopflege-Wissen haben uns die Fakten zu beiden Fragen einmal genauer angeschaut und hier die wichtigsten Punkte für Sie zusammengetragen.

Winterreifenpflicht in Deutschland

Seit Jahren hält sich hartnäckig das Gerücht, es gäbe eine Winterreifenpflicht in Deutschland. Doch so einfach ist die Rechtslage leider nicht. Denn es gibt keine einfache Winterreifenpflicht, die besagen würde, dass man auf deutschen Straßen in der Zeit von einem bestimmten Datum bis zu einem anderen Datum Winterbereifung bräuchte.

Viel mehr gilt in Deutschland die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Diese besagt, dass Sie bei winterlichen Straßenverhältnissen eine entsprechende Bereifung benötigen. Als winterliche Verhältnisse gelten:

  • Glatteis
  • Schneeglätte
  • Schneematsch
  • Eis- oder Reifglätte

Da sich natürlich nur schwer vorhersehen lässt, wann und ob in einem Winter genau solche Wetterverhältnisse einsetzen, wird empfohlen, zwischen Oktober und Ostern mit entsprechender Bereifung zu fahren. Werkstätten sprechen hier gern von der „O bis O Empfehlung“. Eine rechtliche Bedeutung hat diese Empfehlung allerdings nicht.

Damit die Winterreifen auch wirklich als entsprechende Bereifung gelten, müssen sie über ausreichend Profil verfügen. Experten empfehlen für die eigene Sicherheit im Winter nicht mit weniger als 4 Millimetern Profil zu fahren. Dem Gesetzgeber reicht hingegen eine Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern.

Schon gewusst?

Neben den 4 Millimetern Profiltiefe empfehlen Experten auch, Reifen unabhängig vom noch vorhandenen Profil mindestens alle sechs Jahre zu wechseln. Das Problem ist, dass mit der Zeit die Gummimischung in den Reifen hart wird und die Reifen dann anfangen, porös zu werden. Das kann einerseits zu einem schlechteren Griff auf der Straße führen – trotz ausreichendem Restprofil. Andererseits erhöht sich so die Gefahr, dass Sie eine Reifenpanne haben.

Möchten Sie also gebrauchte Winterkompletträder kaufen, sollten Sie unbedingt auf drei Dinge achten.

  • Die Kennzeichnung als Winterreifen (im Idealfall das Alpinen-Symbol)
  • Die vorhandene Restprofiltiefe – je mehr Profil übrig ist, desto länger können Sie die Reifen im Zweifelsfall noch fahren.
  • Das konkrete Alter der Reifen – Winterreifen, die sechs Jahre oder älter sind, sollten auch mit einer ausreichenden Profiltiefe nicht mehr auf deutschen Straßen unterwegs sein.

Gelten Allwetterreifen als Winterreifen

Auch Allwetterreifen können als Winterreifen und damit als angemessene Bereifung für winterliche Straßenverhältnisse gelten. Voraussetzung ist natürlich auch hier die gesetzlich vorgegebene Profiltiefe von 1,6 Millimetern. Zum anderen gelten Reifen nur als Winterreifen, wenn Sie das „Alpine“-Symbol auf dem Reifen haben oder mit der „M+S“-Kennzeichnung versehen sind. Die Kennzeichnung mit M+S reicht übrigens nur noch bis zum 30.9.2024 aus und dann auch nur, wenn sie an Reifen zu finden ist, die vor dem 31.12.2017 hergestellt wurden. Nach Ablauf dieser Frist genügen die Reifen mit der M+S-Kennzeichnung den gesetzlichen Ansprüchen an einen Winterreifen nicht mehr.

Wenn Sie also im Sommer Allwetterreifen aufziehen lassen, achten Sie unbedingt darauf, dass das Alpine-Symbol auf den Reifen vorhanden ist. Andernfalls haben Sie hier nur etwas bessere Sommerreifen und müssen im Winter dennoch auf „echte“ Winterreifen umsteigen.

Unterschiede zwischen Allwetterreifen & Winterreifen

Um die Frage, ob Allwetter- oder Winterreifen die bessere Wahl sind zu beantworten, ist es erst mal wichtig, sich die Unterschiede genau anzuschauen. Diese liegen in erster Linie im Profil. Der Allwetterreifen ist eine Art Zwischenlösung zwischen dem Winter- und dem Sommerreifen. Der Winterreifen verfügt über eine Vielzahl von Lamellen, die auf der gesamten Lauffläche des Reifens verteilt sind.

Allwetterreifen hingegen sind auf der Lauffläche etwas anders aufgebaut. Hier finden sich die Lamellen nur im Innenbereich der Reifen und nicht über die gesamte Lauffläche verteilt.

Sind Allwetterreifen genauso sicher wie Winterreifen?

Wenn es um das Thema Vorbereitung des Autos für den Herbst und den Winter geht, stellt sich natürlich immer die Frage, ob ein Reifenwechsel notwendig ist. Fahren Sie in den Sommermonaten mit klassischen Sommerreifen, dann kommen Sie um den Reifenwechsel nicht herum. Haben Sie sich allerdings mal für Allwetterreifen entschieden, wird die Frage schon komplizierter.

Fakt ist erst einmal, dass Allwetterreifen nur die notwendige Sicherheit für winterliche Straßenverhältnisse entwickeln können, wenn sie das Alpinen Symbol oder die M+S Kennzeichnung haben und dazu auch noch über die Mindestprofiltiefe verfügen. Eine Garantie für die gleiche Sicherheit wie bei Winterreifen bieten allerdings auch diese beiden Faktoren nicht.

Das liegt tatsächlich an der Gestaltung des Profils. Denn die Menge der Lamellen auf der Lauffläche des Reifens hat maßgeblichen Einfluss auf den Grip, den der Reifen auf der Straße entwickeln kann. Je mehr Lamellen vorhanden sind, desto größer ist die Grifffläche und desto besser ist auch der Grip auf glatten und matschigen Straßen.

Da auf Allwetterreifen grundsätzlich weniger Lamellen verarbeitet sind als auch „echten“ Winterreifen, können diese gar nicht die gleiche Sicherheit auf winterlichen Straßen erreichen wie ebendiese Winterreifen.

Darüber hinaus sind Allwetterreifen aus einer weicheren Gummilegierung gemacht als Winter- oder Sommerreifen. Das ist notwendig, da es sich bei Allwetterreifen um ein Kompromiss aus den beiden Jahreszeitenbereifungen handelt. Das weichere Gummi ist notwendig, damit das Profil unter hohen Temperaturen nicht so sehr leidet.

Es hat aber auch einen längeren Bremsweg zur Folge – selbst bei trockenem Wetter. Bei winterlichen Straßenverhältnissen kann sich dieser Umstand noch mehr bemerkbar machen.

Wie sieht es mit der Reise ins Ausland aus?

Die Frage, ob Allwetter- oder Winterreifen die bessere Lösung sind, stellt sich auch immer wieder, wenn Sie im Herbst oder Winter eine Reise ins Ausland unternehmen möchten. Wer möchte schon gern eine Panne in der Schweiz haben und sich fragen müssen, ob er nun wegen der womöglich falschen Bereifung auch noch Probleme bekommen kann.

Wie genau die aktuellen Regelungen in den jeweiligen Ländern in Europa aussehen, hat der ADAC stets aktuell in einer entsprechenden Tabelle zusammengefasst.

Fazit

Allwetter- oder Winterreifen – welche Bereifung ist die bessere in der kalten Jahreszeit? Betrachtet man diese Frage rein aus der rechtlichen Perspektive, so muss man klar antworten, dass beide Bereifungstypen den Anforderungen des Gesetzgebers an wintersichere Räder entsprechen können.

Sieht man diese Frage allerdings ausschließlich unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten, muss man beim Wettkampf Allwetter- oder Winterreifen zu dem Schluss kommen,  dass der Winterreifen die deutlich sicherere Variante ist, wenn wirklich winterliche Verhältnisse einsetzen.

Foto: duallogic via Envato